Meine Mutter hat mir immer wieder empfohlen, hin und wieder eine Faust in der Tasche zu machen. Für mich klang das immer wie den Mund zu halten und sich unter zu ordnen. Das konnte und wollte ich als Kind nicht, und das hat sich bis heute nicht verändert. Mittlerweile glaube ich, den tieferen Sinn dieser Aussage zu kennen: Es geht weder darum, den Mund zu halten noch sich unter zu ordnen, sondern vielmehr um die Abwägung, was in der jeweiligen Situation angemessener ist: Meine Meinung kund zu tun und mit meinem Gegenüber nach einem tragbaren Kompromiss zu suchen. Oder meine Meinung und damit oft auch meine Gefühle zurück zu stellen, weil die aktuelle Situation sich dazu nicht eignet oder ich in der unterlegenen Situation bin und mir mit meinem Widerspruch letztendlich nur schaden würde.
Das Letztere habe ich leider in meinem Berufsleben schlussendlich nicht berücksichtigt. Es war nicht der einzige Grund für meine langjährige Arbeitslosigkeit (mittlerweile bin ich seit sieben Jahre in Rente). Aber für mich hat sich die oft fehlende Faust in der Tasche leider viel zu spät dadurch bemerkbar gemacht, dass ich nicht imstande war zu erkennen, dass mir mein Arbeitgeber letztlich meinen Lebensunterhalt bezahlt. Und dabei ist es unerheblich, ob mir meine Arbeit gefällt oder nicht und ich manches Mal eine Faust in der Tasche machen muss. Heutzutage muss ich fast täglich eine Faust in der Tasche machen.
Diese Lebenserfahrung schreibe ich auch nieder, um Menschen, denen ihre Arbeit nicht gefällt, zu bewegen, lieber eine miese Arbeit zu behalten als später mit den Folgen leben zu müssen.
Meine Gedanken zu den verschiedensten Themen des Lebens – engagiert, parteiisch, persönlich, authentisch und für Menschen, die sich eigene Gedanken machen. Die Gedanken dürfen sehr gerne auch in den Kommentaren geäußert werden.
15. Oktober 2021
Die Faust in der Tasche
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