4. September 2011

Eine übergangene Kindheit

In den letzten Wochen denke ich oft über meine Kindheit nach und muss leider immer wieder feststellen, dass ich gar keine Kindheit gehabt habe: Ich habe nie mit anderen Kindern gespielt, bin nie in Pfützen gesprungen, habe keine Schneeballschlachten gemacht, mich nie kräftemäßig mit anderen Kindern gemessen und all die Dinge nicht gemacht, von denen ich bis heute nicht weiß, dass Kinder sie nun einmal machen. Sehr gut jedoch kann ich mich daran erinnern, die ersten sieben Bände von Karl May rauf und runter gelesen zu haben. Heute vermisse ich diese Zeit, weil ich davon überzeugt bin, dass für meine menschliche und soziale Entwicklung bedeutsame Erlebnisse und Erfahrungen an mir vorüber gezogen sind und mir wichtige Auseinandersetzungen "vorenthalten" wurden. Mit vierzehn Jahren (!) kam ich erstmalig auch bewusst mit anderen Menschen zusammen. Meine Eltern haben darüber überhaupt nicht nachgedacht. Sie fanden es gut, dass Gerhard viel zu Hause war und "fleißig und strebsam" gelesen hat.

Welche Auswirkungen meine übergangene Kindheit letztlich für meine Entwicklung und mein Erwachsensein hatte und hat, vermag ich nicht zu sagen. Ob sie mir geschadet oder genutzt hat, wird eine nicht zu beantwortende Frage bleiben.

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