27. Juli 2011

Die gute alte Schneckenpost

"Es war einmal zu einer Zeit,…" – so beginnen viele Märchen. Und fast scheint es mir wie ein Märchen, dass es mal eine Zeit gab, in der man statt einer schnell hingeschriebenen Email sich noch Briefe mit der Hand schrieb. Es begann damit, dass ich (ich verlasse jetzt "man") mir Briefbögen, Briefumschläge, Briefkarten mit ansprechenden Motiven aussuchte und kaufte. Dann setzte ich mich zu Hause in Ruhe hin und überlegte, welchen achtenswerten Menschen ich denn schreibe. Ich nahm einen Stift, schrieb Empfänger und Absender auf den Briefumschlag und legte mir den Briefbogen (Briefkarte) auf den Schreibtisch. Dann habe ich überlegt, was ich dem anderen denn Persönliches schreiben könnte. Manchmal war es sehr persönlich und manchmal "einfach nur" ein lieber Gruß Du bist in meinen Gedanken. Und das alles habe ich mit meiner Hand in meiner Schrift geschrieben und auch Schreib- und Grammatikfehler nicht verschwiegen. Wenn der Brief fertig geschrieben war, habe ich ihn in den Umschlag gesteckt, eine Briefmarke aufgeklebt und ihn in den nächsten Briefkasten geworfen. Der Brief kostete ca. 50 Pfennig und brauchte ein bis zwei Tage zum Empfänger. Und er zeigte dem Empfänger(in), dass er (sie) mit wichtig ist. Was ist dagegen schon eine unpersönliche Email, die man mal eben zwischen zwischen Kaffee in die Tasse schütten und dem ersten Schluck in die Tasten tippen kann.

In jener fernen Zeit war ich eng mit einer Frau befreundet, die die gute alte persönliche Schneckenpost ebenso mochte wie ich. Und so haben wir uns auch handgeschriebene Briefe geschrieben, obwohl wir uns spätestens alle zwei bis drei Tage sahen. So schnell war unsere Schneckenpost oft nicht. Doch war das ohne Belang, weil es schön war und gut tat, auch auf diesem Weg uns unsere gegenseitige tiefe Verbundenheit zu zeigen.

Auch heute schreibe ich noch ganz wenigen Menschen hin und wieder eine liebe und herzliche Schneckenpost. Ich bedaure immer mehr die Schnelllebigkeit unserer Zeit, die oft so wenig Zeit und Raum füreinander lässt.

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