Dann kam für mich eine Zeit, in der ich viel unter Rheuma gelitten habe. In dieser Zeit habe ich viel um Heilung gebetet und Gott hat mir nicht beigestanden. Letztlich habe ich mich mit eigenem Denken und selbstverantwortlichem Handeln selbst geheilt. Das hat mir dann gezeigt, dass ich mich auf Gott nicht verlassen kann und dass ich meine Gesundheit (nicht nur die körperliche) selbst in Hand nehmen muss. In dieser Zeit meines Rheumas - um Nachhinein denke ich, es waren nur Wachstumsstörungen - habe ich mich unbewusst darin geschult, einen feinfühligen Kontakt zu meinem Körper aufzubauen und in der weiteren Folge dann auch zu meinem Geist und meinem Körper - also zu mir als einzigartigem Menschen.
Mit vierzehn Jahren bin ich aus der Kirche ausgetreten. Meine Mutter reagierte einzig und allein mit der Bemerkung: "Wo wir dich doch so christlich erzogen haben!". Schluss, aus und vorbei - über dieses Thema wurde nie wieder gesprochen. Kommunikation im Sinne von geistigem Austausch hat es in unserer Familie nie gegeben - vielleicht waren meine Eltern von ihrer Sozialisation und ihren Kriegserlebnissen dazu gar nicht in der Lage. Über ihre persönlichen Geschichten habe ich trotz mehrerer Nachfragen nie etwas erfahren. Irgendwann habe ich es dann aufgegeben.
Ob ich heute glaube? Ich denke ja. Aber nach wie vor nicht an den Gott, der von der Kirche gepredigt wird. Beim Betrachten und Genießen der vielfältigen Erscheinungen der Natur stehe ich oft vor der Frage "Woher kommt das alles? Welche Kräfte stehen dahinter? Nach welchen Regeln lebt, stirbt und gebärt die Natur?". Ich weiß es nicht, ich staune, genieße und freue mich an den Wundern der Natur. Mein persönliche Glaube ist vielschichtig: Manchmal glaube ich an mich selbst, wenn ich gut drauf bin und mich stark fühle. Manchmal glaube ich an die Wunder der Natur. Manchmal glaube ich an liebens- und achtenswerte Menschen. Manchmal glaube ich an die Vögel, die mir schöne Lieder singen. Manchmal glaube ich an den Regen, der auf meine Fenster plätschert. Manchmal . . .
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