18. Oktober 2009

Persönliche Arbeitslosigkeit


Die ganze Thematik Arbeitslosigkeit hat nicht nur soziale und politische Gesichtspunkte, sondern ist für jeden Betroffenen auch ein ganz persönliches Schicksal mit ganz persönlichen Umgangsmöglichkeiten auf seinem ganz persönlichen Hintergrund. So habe ich trotz meiner durch Beschäftigungen unterbrochenen langen Arbeitslosigkeit keine Angst unterzugehen, weil ich eine Jugend hatte, in der ich mir die Charakterstärke und den Lebenswillen aufbauen konnte, die es mir heute noch ermöglichen, weder an meinen finanziellen noch sozialen wie persönlichen Ausgrenzungen zugrunde zu gehen.

Diese Möglichkeiten haben die jungen Menschen nicht, die ihr Berufsleben mit Arbeitslosigkeit beginnen. Sie können sich - sofern sie es überhaupt haben - über ein solidarisches familiäres und soziales Umfeld freuen. Sie haben nicht die geringste Möglichkeit, sich eine Charakterstärke und einen Lebenswillen aufzubauen, wie ich sie heute habe. Wenn diese Menschen nicht auch politisch aufgefangen werden, werden wir "Alten" niemanden haben, der den Kampf um Demokratie, Solidarität und Menschlichkeit fortsetzt. Und diese jungen Menschen werden wohl in vielen Fällen nie erfahren, was Solidarität, Menschlichkeit, Vertrauen und Loyalität bedeuten.

Auch wenn ich wenig Geld habe, so weigere ich mich, sparsam zu leben und gönne mir dennoch meine tägliche Tasse Kaffee im Café und der Lektüre der Tagespresse, mein Mittagessen in der Kantine der Arbeitsagentur und ein wenig Kultur. Nur Urlaub ist überhaupt nicht möglich. Mir kommt zudem zugute, dass ich von Natur aus ein Steh-auf-Männchen und eine Kämpfernatur bin. Ich verstecke mich nicht zu Hause, sondern gehe nach draußen und stehe auch trotz mancher Anfeindung offen zu meiner langen Arbeitslosigkeit. Ich kenne zwar eine Reihe von Menschen, aber von echten Freunden kann ich glaube ich nur von einem Menschen reden. Viele meiner Gedanken und Gefühle, die über Arbeitslosigkeit hinaus gehen, bearbeite und beschreibe ich in diesem Blog. Nach so manchem Eintrag fühle ich Erleichterung und ein Gefühl von Produktivität.

In meiner Jugend war ich in vielen Bereichen aktiv und initiativ. Aber ich bin schon seit Jahren müde geworden. Vor vielen Jahren ist meine seinerzeitige Freundin mit dem Argument aus der Frauen(haus)arbeit ausgestiegen, dass die Situation der Frauen nach dreizehn Jahren aktiver und engagierter Arbeit schlimmer sei als zu Beginn. Und ich habe nur ergänzt, dass die Situation von uns Menschen sich ebenfalls sehr verschlechtert habe. Die heutige politische Arbeit derer, die für Menschlichkeit und soziale Wärme kämpfen, krankt an der Zerrissenheit und Uneinigkeit der vielen, vielen Gruppen und Initiativen. Wie dieses Problem zu lösen ist, ich weiß es nicht. Es ist auch in diesen Gruppen immer noch nicht gelungen, global zu denken und lokal zu handeln.

Eine abschließende Anmerkung Ich habe nicht resigniert und bin auch nicht pessimistisch, ich kämpfe nur auf einer anderen - einer persönlichen Ebene. Inwiefern ich wieder in die aktive politische Auseinandersetzung einsteige, weiß ich nicht zu beantworten. Aber das ist meine Entscheidung und ich bitte, in diesem Punkt von "Missionsversuchen" Abstand zu halten.

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